„Brauchen Sie Unterstützung? Wir, das Don Bosco Sozialwerk und das Jugendzentrum Come In unterstützen sie gerne, wenn sie zur Corona Risikogruppe gehören und Hilfe bei der Bewältigung der aktuellen Krise benötigen.“ So stand es groß auf dem Flyer, den unsere minderjährigen Bewohner zur Bekanntmachung unserer Hilfsaktion Mitte März 2020 an rund 800 Haushalte in unserer Nachbarschaft verteilten. 

Begonnen hat alles, wie so oft, im Rahmen einer Teamsitzung unseres Leitungsteams. Weil wir in einem Teil von Wien sind, in dem viele alte Menschen und damit Menschen der Corona Risikogruppe leben, wollten wir etwas tun. Auch unseren Burschen war es ein Anliegen, nicht nur zuhause herumzusitzen, sondern ihre Vitalität zu nutzen, um in dieser Krisensituation der österreichischen Gesellschaft etwas zurückgeben zu können.

Mit bei diesem inspirativen Teamtreffen war auch der Leiter des Don Bosco Jugendzentrum Come In, das sich in unmittelbarer Nähe unserer Flüchtlingswohngruppe befindet. Er war ebenfalls sofort begeistert von der Idee praktische Hilfe zu leisten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendzentrums unterstützen diese Hilfsaktion, in dem sie jederzeit telefonisch für Fragen unserer Nachbarn zur Verfügung stehen.

Als unsere Idee so in unseren Köpfen erste Formen annahm, spürte man schon eine mitreißende Dynamik entstehen. Und diese Energie der Hilfsbereitschaft hat den Rest des Don Bosco Sozialwerks schneller angesteckt, als jeder Virus das gekonnt hätte. Im Nu waren Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter, Flüchtlinge und Zivildiener mit Feuer und Flamme dabei. „Ich bin so froh endlich jemandem helfen zu können und nicht auf Hilfe angewiesen zu sein,“ sagte Sayed, einer unserer Burschen und sprach damit wohl aus, was in den Herzen der meisten von uns vor sich ging. Auch unsere salesianischen Träger wollten sich einbringen und seelsorgerisch Hilfe am Telefon anbieten.

Voller Tatendrang begannen unsere Bewohner hunderte  Flyer mit unseren verschiedene Hilfsangeboten in die Postkästen der Nachbarn zu werfen. Gemeinsam als Don Bosco Familie war es uns möglich ein umfangreiches Angebot zu präsentieren, das vom Erledigen von Einkäufen über psychosozialer Beratung durch die geschulten Mitarbeiter des ComeIn bis hin zu seelsorgerischen Gesprächen durch Mitglieder unserer Träger reichte. Es ist einzigartig zu sehen, wie die Don Bosco Familie mit ihren vielfältigen Möglichkeiten in diesem Projekt zusammenhält, um einen Unterschied für hilfesuchende Menschen zu machen.

Bereits kurz nachdem die ersten Flyer verteilt waren, gab es die ersten Anrufe aus der Nachbarschaft. „Können Sie mir bitte sagen, wie das mit den Einkäufen genau abläuft?“, war wohl eine der häufigsten Fragen. Aber manche Anrufer wollten sich auch einfach nur bei uns bedanken, dass wir diese tolle Aktions ins Leben gerufen hatten. Das gab uns natürlich großen Auftrieb.

Am zweiten Tag kamen dann leider nur mehr wenige Anrufe herein. Denn viele Menschen hatten sich bereits für diese Woche mit allem Lebensnotwendigen eingedeckt. Erste Zweifel machten sich breit, ob unsere Aktion überhaupt gebraucht würde. Aus unserer Arbeit im sozialpädagogischen Bereich wissen wir im Don Bosco Sozialwerk aber, dass die Arbeit mit Menschen viel Herz und Geduld braucht. Und so beschlossen wir noch etwas abzuwarten. Und wir sollten Recht behalten.  In der zweiten Woche der Aktion änderte sich die Lage schlagartig. Das Telefon läutete oft, und die Anfragen erweiterten sich von der Bitte zum Einkauf von Lebensmitteln, über Hygieneartikeln und dringend benötigter Medikamente. 

Gerade in Zeiten der Krise gab es in dieser Aktion auch wirklich lustige Momente. Denn nicht selten hatten unsere Burschen die Namen der gewünschten Lebensmittel noch nie gehört oder auch gesehen. Generationen und Kulturen trafen hier aufeinander, die unterschiedliche Geschmäcker und Gewohnheiten haben. Nicht selten musste eine Betreuerin die Einkaufsliste mit den Burschen im Vorhinein durchgehen und im Internet Fotos der verschiedenen Lebensmittel zeigen, damit auch wirklich die gewünschten Lebensmittel in der Einkaufstasche landen würden. Mit Sicherheit sind unsere Burschen jetzt mit österreichischen Essgewohnheiten mehr vertraut als vorher.

Mittlerweile haben wir einige Stammkunden, die uns in ihrem Freundeskreis weiterempfehlen. Viele der älteren Menschen sind besorgt zu viel zu bestellen, denn sie möchten nicht, dass die jungen Männer zu schwer tragen müssen. Unsere Koordinatoren genießen die Telefonate, weil gerade in einer Zeit mit wenig bzw. negativer Kommunikation, Einkaufsbestellungen zu einer Begegnung der Menschlichkeit, des Zusammenhalts und der gegenseitigen Freude werden.

Es ist wirklich schön zu erleben, wie bereits in kurzer Zeit eine vertrauensvolle Beziehung zu manchen Nachbarn trotz räumlicher Distanz und Krisensituation entstanden ist. „Ich bin so froh, dass es euch in meiner Nachbarschaft gibt!“ sagte Frau D. 84 Jahre. Und wir sind froh, dass wir im Geiste Don Boscos auch heute noch Gutes bewirken können!