Mathematikunterricht: Die Klasse spielt Rechenkönig. Khalid* gewinnt und verkündet lautstark seinen Erfolg immer und immer wieder. Hossein* merkt, dass er zunehmend  von dem Herausstreichen dieses Erfolgs genervt wird und sagt schlussendlich zu Khalid* „Weißt du, früher hätte ich dich geschlagen für deine Art, aber im Skillstraining habe ich andere Wege gelernt.“

 

Dies ist nur eines der zahlreichen Beispiele, wie das seit September 2019 hausintern angebotene Skillstraining den Umgang der Burschen mit Anderen aber auch sich selbst langfristig verändert hat. In einer Kleingruppe erarbeitet Mag.a Andrea Poppe, eine zertifizierte Skillstrainerin,  wöchentlich gemeinsam mit den Klient*innen neue Fertigkeiten zum Thema Stresstoleranz, Emotionsregulation, zwischenmenschliche Fertigkeiten, Selbstwert und Achtsamkeit. Neue Handlungsalternativen sollen erlernt werden und zur emotionalen Entlastung beitragen.

 

Auch auf der Ebene der Mitarbeiter*innen des Don Bosco Sozialwerks erleben wir durch das Skillstraining eine unterstützende Wirkung auf die tägliche Arbeit mit unseren Klient*innen. 

 

Das Zusammenleben mit Nasir* in der betreuten WG erweist sich teilweise schwierig, da dieser sein schmutziges Geschirr meistens im Zimmer stehen lässt und das stört die Zimmerkollegen.  In einem Klärungsgespräch das der Betreuer organisiert, erlebt der Betreuer unerwartet Unterstützung von Hassan*, der selbst das Skillstraining besucht hat. Hassan* ergriff in der Diskussion das Wort für Nasir* und betonte, wie wichtig es wäre, zu verstehen, warum Nasir* dies tut. Er hätte im Skillstraining gelernt, dass es wichtig sei, zu versuchen, durch die Augen des Gegenübers auf die Sache zu sehen – sozusagen, den Blickwinkel zu verändern. Es haben sicher nicht alle verstanden was er meinte, aber sie fanden es interessant und ließen daher von der Sache ab.

 

Mag.a Andrea Poppe: „Das Wissen über die eigenen Stärken und Schwächen sowie ein vielseitiges Repertoire an Fertigkeiten, soll den Teilnehmer*innen im Umgang mit Herausforderungen Erleichterung schaffen, sowie sie dazu bestärken auch in schwierigen Situationen sich selbst vertrauen zu können. “ 

 

Denn nur wer sich selbst vertraut und verschiedene Handlungsalternative hat, kann in einer schwierigen Situation auch die Position des anderen anerkennen. Dies ist nicht nur im Don Bosco Sozialwerk wichtig, sondern auch die Basis für ein respektvolles Miteinander in unserer Gesellschaft.

 

Mohammad* telefoniert lautstark in seiner Muttersprache in der U-Bahn – eine Frau mittleren Alters schimpft ihn, dass er leise sein soll und weggehen soll. Mohammad* berichtet in der darauffolgenden Skillsgruppe von dieser Situation wie folgt „Ich habe verstanden, ich habe in meiner Sprache gesprochen, sie hat nichts verstanden und ich war laut und habe mich direkt neben ihrem Ohr an der Stange angehalten um nicht umzufallen. Ich habe mich entschuldigt und das Telefonat später als ich ausgestiegen bin fortgesetzt.“ Auf die Frage ob Mohammad* es als eine rassistische Abwertung empfand, dass die Frau ihn geschimpft habe antwortete er: „Nein, ich war einfach zu laut und habe auch nicht an diese Frau gedacht, vielleicht hatte sie selbst einfach Kopfweh und ich habe sie zusätzlich gestört.“

 

Mag.a Andrea Poppe: „Wir haben erkannt, dass das von M. Linehan entwickelte Skillstraining unsere Klient*innen genau dort abholt wo sie an sich selbst zweifeln und nicht selten in Folge dessen verzweifeln. Die Förderung der Selbstwahrnehmung, des Selbstwerts und des Selbstvertrauen, ermöglichen konstruktive lösungsorientierte Verhaltensweise, Gewaltprävention und einen respektvollen Umgang mit sich und Anderen. Ganz im Sinne unserer Don Bosco Haltung, damit das Leben junger Menschen gelingt, haben wir gesehen, dass es niederschwellige, hausinterne und stabile Angebote wie das Skillstraining einfach braucht.“  

 

*Namen aus datenschutzrechtlichen Gründen geändert